Sie möchten eine Motoryacht oder ein Hausboot mieten, was bringt mehr Spaß?
Vom Aussehen her könnten beide Bootsklassen unterschiedlicher nicht sein. Schiff gegen Schuhkarton, spöttelt mancher Seebär. Auch in der Praxis auf dem Wasser und bei Hafenmanövern offenbaren sich Gegensätze. Wir geben eine Entscheidungshilfe. Ein Gastbeitrag von Robert Tremmel.
Windschnittig, elegant und leicht zu manövrieren - mit einer Motoryacht macht man auch auf weiten Bootstouren immer eine gute Figur.
Geräumiger Komfort auf einer Ebene und überall Stehhöhe - auf einem Riverlodge Hausboot fühlt man sich wie auf einer schwimmenden Ferienwohnung.
Komfort
Ein Schiff ist ein Schiff. Der spitz zulaufende Bug und schräge Seitenwände des Rumpfes gehören zu den traditionellen Grundvoraussetzungen einer Motoryacht, damit sie effizient und sicher durchs Wasser gleitet. Das hat Konsequenzen für den Innenraum unter Deck. Jeder Zentimeter wird genutzt. Insbesondere bei kleinen Motoryachten heißt es Kopf einziehen und Treppen steigen. Die Riverlodge-Hausboote hingegen wurden stufenlos auf einer Ebene konzipiert, die auf parallelen Katamaranschwimmkörpern basiert und viel Raum und durchgehende Stehhöhe garantiert. Insofern bietet die Riverlodge weniger Schiffsromantik, kann aber als schwimmendes Ferienhaus punkten. Bei der Ausstattung in Küche, Bad und Salon zeigen sich kaum funktionale Unterschiede. Beide Typen sind für individuellen Urlaub auf dem Wasser ausgelegt.
Fahreigenschaften
Beide Bootsklassen sind im Charterrevier Mecklenburg ohne Bootsführerschein fahrbar, wenn sie gemietet werden. Die Optik führt Bootsnovizen jedoch oft auf die falsche Fährte. Klar, es sieht so schön einfach aus – das schwimmende Häuschen auf dem Wasser. In der Tat haben Riverlodge-Fahrer aber die größere Herausforderung zu meistern, denn ihr Gefährt ist nicht so windschnittig wie eine Motoryacht. Bläst ein kräftiges Lüftchen, wird man das auf einer Riverlodge eher merken. Der Skipper muss dann wesentlich mehr aufpassen, wie das Boot reagiert und mit vielen, sensiblen Lenkbewegungen seine Riverlodge auf Kurs halten. Eine Motoryacht hingegen bringt so schnell nichts aus der Bahn. Insbesondere bei Schleuseneinfahrten und Hafenmanövern haben es Yachtskipper einfacher. Auch die Rundumsicht ist auf dem Außensteuerstand einer Motoryacht besser. Riverlodge-Kapitäne sind auf den Rückspiegel angewiesen.
Prestige
Wer auf dem Wasser unterwegs ist, wird merken, dass Bootsfahrer aller Couleur eine eingeschworene Gemeinschaft bilden. Auch, wenn man sich gar nicht kennt. Da wird übers Wasser gegrüßt und im Hafen am Abend jede Menge Seemannsgarn gesponnen. Hausboot-Fahrer sind von alten Seebären mitunter nicht so respektiert. Sie tun sich schwer, die kastigen Urlaubsboote als von Ihresgleichen anzuerkennen. Wer mit einer Motoryacht einfährt, bekommt garantiert schneller einen Anlegeschluck vom Stegnachbarn angeboten.
Fazit
Motoryacht oder Hausboot? Wer ausgiebige Touren plant und möglichst vielen Häfen einen Besuch abstatten möchte, ist auf einer Motoryacht besser aufgehoben. Gleiches gilt bei Strecken mit vielen Schleusen. Wer sich hingegen damit zufrieden gibt, die Seele auf dem Boot baumeln zu lassen und häufig den Tag lang ankert, hat mit einer Riverlodge ebenso gute Karten. Es stimmt schon: Wer sich auf dem eigenem Schiff als richtiger Seemann fühlen will, braucht auf der Riverlodge mehr Vorstellungskraft. Übrigens: Römers „Müritzsee“, „Fleesensee“ und „Wannsee“ sind zwar schnittige Motoryachten, aber mit ihrem stufenlosen Einstieg sowie Wohnen und Schlafen auf einer Ebene mit den Riverlodge-Hausbooten vergleichbar. Die perfekte Lösung für alle, die sich schwer entscheiden können.
Über den Autor
Robert Tremmel ist Fachjournalist für Bootstourismus. Er schrieb u. a. für das Magazin "Boote" und war Korrespondent für das Schweizer Fahrtenmagazin "Wasserwege" und die französische "Revue Fluvial". Sein Spezialgebiet sind die Charterreviere in Mecklenburg, Brandenburg und Berlin, die er in der Buchreihe "Hafenführer für Hausboote" ausführlich beschreibt.